Soll ein Arbeitsverhältnis sein Ende finden, so wird zunächst an eine Kündigung zu denken sein. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können das Arbeitsverhältnis grundsätzlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist beenden.
Arbeitgeber müssen in Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern jedoch auch einen Kündigungsgrund heranziehen können, sonst droht die Kündigungsschutzklage am Arbeitsgericht mit einem Abfindungsvergleich zu enden. Bei Fragen rund um das Thema Kündigung, wenden Sie sich an Ihren Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Denkbar ist jedoch auch, dass ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich endet. Es kann verschiedene Gründe dafür geben, dass beide Parteien sich darüber einig sind, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht weiter gewollt ist. Dann kann das Arbeitsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu einem bestimmten Termin im besten Einvernehmen enden. Der Vorteil einer Aufhebungsvereinbarung: Dem Arbeitnehmer winkt in der Regel eine Abfindung ohne gerichtlichen Streit und ohne Kosten für ein Gerichtsverfahren. Ein Anspruch hierauf besteht aber nicht. Der Arbeitgeber kann ein Ende des Arbeitsverhältnisses herbeiführen, ohne dass ein Kündigungsgrund vorliegen muss. Denn der Arbeitnehmer willigt in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein und lasst sich das bezahlen.
Oftmals enthalten solche Arbeitsverträge sogenannte Turbo- oder auch Sprinterklauseln.
Was sind Turboklauseln im Arbeitsrecht?
In aller Regel vereinbaren die Parteien eines Aufhebungsvertrages, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird. Dabei kann es sich durchaus um einen Zeitpunkt handeln, der mehrere Monate in der Zukunft liegt. Zugleich wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer bis zu diesem Zeitpunkt unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt wird, aber dennoch seinen Lohn und auch eine Abfindung erhält (bezahlte Freistellung).
Da in aller Regel der Arbeitgeber ein Interesse daran hat, dass das Arbeitsverhältnis so früh wie möglich endet, finden sich in Aufhebungsverträgen oftmals sogenannte Turbo- oder Sprinterklauseln. Diese räumen dem Arbeitnehmer eine Art Sonderkündigungsrecht ein, wonach dieser das Arbeitsverhältnis einseitig mit einer sehr kurzen Kündigungsfrist beenden kann.
In der Regel erhöht sich dann die Abfindungssumme um die Lohnansprüche, derer der Arbeitgeber durch die Beendigung vor dem eigentlich vorgesehenen Beendigungszeitpunkt, nicht mehr ausgesetzt ist. Als erfahrene Anwälte im Arbeitsrecht für Arbeitnehmer, prüfen wir gerne Ihren Aufhebungsvertrag und achten auf die Möglichkeiten einer vorzeitigen Beendigungsoption.
Kann ich während der Freistellung wo anders arbeiten und was passiert mit meinem Lohn?
Die Rechtsprechung, insbesondere auch die höchstrichterliche durch das Bundesarbeitsgericht, hatte sich in der Vergangenheit bereits mit dieser Frage zu beschäftigen. Es geht dabei um die Problematik, dass ein Arbeitnehmer aufgrund eines Aufhebungsvertrages von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt war, das Arbeitsverhältnis jedoch bis zum vertraglich vorgesehenen Beendigungszeitpunkt noch Bestand hatte. In Überschneidung mit diesem Zeitraum, hatte der Arbeitnehmer dabei bereits ein neues Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber begründet und Lohn bezogen. Der Arbeitnehmer bezog somit zwei Gehälter und zwar einmal aus dem alten noch nicht beendeten und einmal aus dem parallel begründeten Arbeitsverhältnis. Die Frage ist, ob sich der Arbeitnehmer den parallel erzielten Lohn anrechnen lassen muss oder tatsächlich zweimal Lohn beziehen kann.
Die Beantwortung der Frage ist einzelfallabhängig und hängt insbesondere auch davon ab, was im Aufhebungsvertrag vereinbart ist. Insbesondere kann die Frage relevant werden, ob eine Turboklausel vereinbart wurde oder nicht.
Interessant sind in diesem Zusammenhang zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts aus der Vergangenheit.
BAG, Urteil vom 17.10.2012, 10 AZR 809/11
In diesem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht herausgearbeitet, dass eine Anrechnung des parallel erzielten Lohns, im noch bestehenden alten Arbeitsverhältnis nicht zwingend angerechnet werden muss. Dies jedenfalls, wenn keine Turboklausel im Aufhebungsvertrag vorgesehen ist. Durch die Begründung eines Parallelarbeitsverhältnisses während der unwiderruflichen Freistellung, kann es zwar grundsätzlich zu der Bejahung eines Wettbewerbsverbotes nach §§ 60 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) kommen. Jedoch kann der Arbeitgeber dann in der Regel nicht den Arbeitslohn aus dem Parallelarbeitsverhältnis herausverlangen. Das heißt, der Arbeitgeber, mit dem der Aufhebungsvertrag besteht, kann in einem solchen Fall zur Zahlung des Lohns weiterhin verpflichtet sein, selbst wenn bereits in einem neuen Arbeitsverhältnis Lohn bezogen wird. Der Arbeitnehmer muss sich dann auch nichts anrechnen lassen, da er unwiderruflich von der Arbeitsleistung beim ersten Arbeitgeber freigestellt ist.
Zu bedenken gilt es aber, dass der Arbeitgeber in einem solchen Fall Ansprüche auf Schadensersatz, aufgrund eines begangenen Wettbewerbsverstoßes haben kann. Daher ist es in solchen Konstellationen stets sinnvoll, sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu wenden.
BAG, Urteil vom 23.02.2021, 5 AZR 314/20
Anders kann der Fall gelagert sein, wenn eine sogenannte Turboklausel im Aufhebungsvertrag vereinbart wurde, der Arbeitnehmer einen neuen Job annimmt, jedoch das alte Arbeitsverhältnis durch das in der Turboklausel eingeräumte Sonderkündigungsrecht nicht beendet. Mit diesem Fall musste sich das Bundesarbeitsgericht im oben angeführten Urteil beschäftigen.
Finden sich im Aufhebungsvertrag für einen solchen Fall keine Regelungen, kann der Aufhebungsvertrag dergestalt ausgelegt werden, dass der in dem neuen Arbeitsverhältnis erzielte Verdienst, auf das aus dem Aufhebungsvertrag geschuldete Arbeitsentgelt anzurechnen ist.
Denn, so das Bundesarbeitsgericht, die Interessenlage gebietet es die Klausel so auszulegen, dass durch die Turboklausel nicht nur die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeräumt wurde, sondern auch die Pflicht, für den Fall, dass bereits ein neues Arbeitsverhältnis begründet werden soll.
Das aufhebungsvertraglich vereinbarte Interessengefüge gerät in eine Schieflage, wenn dem Arbeitnehmer durch die unwiderrufliche Freistellung die Möglichkeit eröffnet wird ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, er jedoch nicht vom vertraglich eingeräumten Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht.
Daher ist bei der Vereinbarung einer Turboklausel und der unwiderruflichen Freistellung des Arbeitnehmers genau zu prüfen, wann und ob ein paralleles Arbeitsverhältnis begründet werden soll oder ob gegebenenfalls vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages auf eine Turboklausel verzichtet werden sollte, was von einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht vorgenommen werden sollte.
Fazit:
Durch Aufhebungsverträge und Beendigungsvereinbarungen können Arbeitsverhältnisse einvernehmlich beendet werden. Oftmals erfolgt eine Freistellung von der Arbeitsleistung. Es empfiehlt sich in jedem Fall, vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages, diesen von einem Anwalt überprüfen zu lassen. Dies gilt insbesondere, wenn vor dem aufhebungsvertraglich vorgesehenen Beendigungszeitpunkt, bereits ein neues Arbeitsverhältnis begründet werden soll. Gegebenenfalls kann es zur Anrechnung eines parallel erzielten Lohns kommen, was es zu vermeiden gilt.
Für weitere Fragen rund um das Thema der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses, insbesondere im Wege eines Aufhebungsvertrages, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Soforthilfe von Ihren Anwälten für Arbeitsrecht
Wichtige Fristen nicht verstreichen lassen.
Jetzt schnell anwaltlichen Rat erhalten. Kündigung, Aufhebung, Abfindung. Alles zum Arbeitsrecht. Soforthilfe unter: