FAQ: Das neue Nachweisgesetz

FAQ: Das müssen Arbeitgeber beim neuen Nachweisgesetz beachten

Das Europäische Parlament verabschiedete im Jahr 2019 die EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen. Damit sollen die Arbeitnehmerrechte in den Mitgliedsstaaten der EU gestärkt werden. Diese Richtlinie wurde von Bundestag und Bundesrat umgesetzt, was unter anderem zu einer Erneuerung des Nachweisgesetzes führte, die am 01. August 2022 in Kraft tritt.

Über die damit verbundenen Herausforderungen für Arbeitgeber und die Auswirkungen auf neue und bestehende Arbeitsverträge berichteten wir bereits in einem Blogartikel. Doch noch immer erreichen uns Fragen, welche Konsequenzen das Nachweisgesetz und die erweiterten Nachweispflichten mit sich ziehen. Die häufigsten Fragen beantworten wir im folgenden Artikel.

Nachweisgesetz, Anwalt Klose in München

Das Wichtigste im Überblick

  • Mit dem neuen Nachweisgesetz setzt der Gesetzgeber eine EU-Richtlinie um. Es enthält deutlich ausgeweitete Nachweispflichten, an die sich Arbeitgeber halten müssen.
  • Auch die Nachweisfristen wurden verkürzt und greifen nun zum Teil schon mit Beginn des Arbeitsverhältnisses.
  • Nach wie vor ist die Schriftform die einzig gültige Form zum Erbringen der Nachweise. Die Textform oder die elektronische Form bleiben ungültig.
  • Beim Verstoß gegen das Nachweisgesetz drohen Geldbußen bis zu einer Höhe von 2.000 Euro.
  • Als Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht in München kennen wir die Herausforderungen, die sich aus der Gesetzesänderung ergeben und leisten so schnelle Hilfe bei auftretenden Fragen und Problemen.
  • Was bedeutet die Änderung des Nachweisgesetzes für Arbeitgeber?

    Mit der Änderung des Nachweisgesetzes setzen Bundestag und Bundesrat die EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen um. Damit erweitert sich die Nachweispflicht für Arbeitgeber bei Arbeitsverträgen um zusätzliche Punkte, die schriftlich festgehalten und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden müssen. Die Gesetzesänderung tritt zum 01. August 2022 in Kraft und betrifft sowohl neue als auch bereits geschlossene Arbeitsverträge.

    Schon vor dem 01. August mussten zahlreiche Vertragsbedingungen zwingen schriftlich festgehalten werden – zumindest innerhalb einer Frist von einem Monat nach dem Arbeitsbeginn. Mit der Änderung des Nachweisgesetzes ändern sich jedoch nicht nur die Mindestinhalte für Arbeitsverträge, sondern auch die Fristen zur Aushändigung.

    Welche neuen Vertragsmodalitäten müssen nach dem Nachweisgesetz jetzt schriftlich festgehalten werden?

    Neben den bereits bestehenden Punkten muss nun eine Reihe an weiteren Vertragsbedingungen im Arbeitsvertrag oder einem zusätzlichen Dokument aufgenommen werden:

    Enddatum von befristeten Arbeitsverhältnissen: Falls Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart haben, muss nun auch das voraussichtliche Ende nachgewiesen werden. Möglich ist das entweder über ein exaktes Datum oder über eine konkrete Zeitbestimmung.

    Arbeitsort: Falls der Arbeitnehmer das Recht hat, seinen Arbeitsort frei zu wählen, müssen Informationen dazu ebenfalls im Arbeitsvertrag erscheinen.

    Dauer der Probezeit: Wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Probezeit vereinbart wurde, muss deren Dauer festgehalten werden. Ergibt sich diese aus Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, ist ein Verweis darauf ausreichend.

    Auszahlung des Arbeitsentgelts und Überstundenvergütung: Unter anderem die Höhe des Arbeitsentgelts sowie etwaige Zuschläge, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen fielen auch schon vor dem 01. August 2022 unter die Nachweispflicht. Neu ist jetzt, dass auch angegeben werden muss, inwiefern Überstunden vom Arbeitgeber vergütet werden. Die einzelnen Bestandteile des Arbeitsentgelts müssen ab dem 01. August zudem separat aufgeführt werden – inklusive der Art und Fälligkeit der Auszahlung.

    Ruhepausen, Ruhezeiten und Schichtarbeitsmodelle: Falls am Arbeitsplatz ein Schichtsystem angewendet wird, müssen Informationen zur Schichtarbeit, zu deren System, Rhythmus sowie zu den Voraussetzungen der Schichtänderung im Arbeitsvertrag oder einem beiliegenden Dokument aufgeführt werden.

    Die Länge der Ruhepausen während der Arbeitszeit und der Ruhezeiten zwischen einzelnen Schichten muss im Arbeitsvertrag festgehalten werden, wenn individuelle Modalitäten vereinbart wurden und diese somit von den gesetzlichen Regelungen abweichen. Sollten die Regelungen einer Betriebsvereinbarung o.ä. entspringen, kann der Arbeitgeber darauf verweisen.

    Arbeit auf Abruf: Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf Arbeit auf Abruf verständigt, müssen Informationen darüber ebenfalls in den Arbeitsvertrag einfließen. Dies umfasst zunächst die Vereinbarung selbst, wonach der Arbeitnehmer dem Arbeitsanfall entsprechend eingesetzt werden kann.

    Weiterhin erfordert die Nachweispflicht auch, wie viele Stunden der Arbeitgeber auch ohne Arbeitseinsatz mindestens vergüten muss. Auch der festgelegte Zeitrahmen – an welchen Tagen und innerhalb welcher Stunden der Arbeitnehmer üblicherweise arbeiten muss – zählt dazu. Weiterhin muss die Frist, in der der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Arbeitseinsatz zu informieren hat, im Arbeitsvertrag aufgenommen werden.

    Überstundenregelung: Falls vereinbart wurde, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich Überstunden zu leisten hat, muss dies inklusive der dafür notwendigen Voraussetzungen schriftlich festgehalten werden.

    Fortbildungsansprüche: Hat der Arbeitnehmer ein Recht darauf, an Fortbildungen teilzunehmen? Dann muss dieses ebenfalls schriftlich ausgeführt werden. Ergibt sich dieses Recht aus einem Gesetz oder einer anderweitigen Regelung (z.B. Tarifvertrag), kann der Arbeitgeber darauf verweisen.

    Betriebliche Altersvorsorge: Sollte der Arbeitgeber eine Form der betrieblichen Altersvorsorge anbieten, muss der Arbeitnehmer über den Namen und die Anschrift des Versorgungsträgers informiert werden. Ausgenommen davon sind Versorgungsträger, die selbst gesetzlich dazu verpflichtet sind (z.B. Pensionskassen oder Anbieter von Lebensversicherungen).

    Kündigungsmodalitäten: Schon vor dem 01. August 2022 mussten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer darüber informieren, dass die Kündigung in Schriftform zu erfolgen hat. Auch die einzuhaltende Kündigungsfrist musste angegeben werden. Neu ist jetzt, dass auch die Möglichkeit zum Erheben einer Kündigungsschutzklage mit Verweis auf die Drei-Wochen-Frist im Arbeitsvertrag festgehalten werden muss. Informiert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht über diese Frist, gilt die Kündigung nach dem Ablauf der drei Wochen jedoch weiterhin automatisch als wirksam.

    Anwendung von Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen: Bisher musste im Arbeitsvertrag nur in allgemeiner Form stehen, dass Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen auf das Arbeitsverhältnis angewendet werden können. Dies gilt bei kirchlichen Arbeitgebern nun auch für Regelungen, die durch paritätisch besetzte Kommissionen getroffen wurden.

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    Wie können Arbeitgeber die Nachweispflicht umsetzen?

    Die Neuerungen aus § 2 Abs. 1 NachwG können Arbeitgeber bei neuen Arbeitsverhältnissen, die am 01. August 2022 oder später beginnen, direkt als Klauseln im schriftlichen Arbeitsvertrag verankern. Hat man den Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen oder möchte man ihn kurz halten, können die einzelnen Punkte auch in einem zusätzlichen Dokument festgehalten werden und so gegebenenfalls später auch einfacher geändert werden.

    Bei bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen muss ein entsprechendes Dokument nur auf Verlangen des Arbeitnehmers ausgehändigt werden. Dafür hat der Arbeitgeber bis zum siebten Tag nach dem Eingang der Aufforderung Zeit.

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    Für wen gilt die Anpassung der Nachweispflicht?

    An das Nachweisgesetz müssen sich alle Arbeitgeber halten, die Arbeitnehmer beschäftigen. Dabei greift es sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst. Betroffen sind auch Praktikumsverhältnisse von der Erweiterung der Nachweispflicht. Praktikanten, die vom Mindestlohngesetz erfasst werden, behandelt das Nachweisgesetz wie normale Arbeitnehmer. Für alle anderen Praktikumsverhältnisse gilt eine besondere Form der Nachweispflicht nach § 2 Abs. 1a NachwG.

    Anders als bisher werden auch Aushilfen, die weniger als einen Monat im Unternehmen beschäftigt sind, vom Nachweisgesetz berücksichtigt. Ausgenommen vom neuen Nachweisgesetz sind dagegen Auszubildende. Für diese gilt dagegen § 11 BBiG – der allerdings auch geändert wurde. Die wesentlichen Inhalte von Ausbildungsverträgen werden im Berufsbildungsgesetz aufgeführt und müssen ebenfalls schriftlich festgehalten werden. Eine Unterschrift vom Ausbilder, vom Auszubildenden und – bei Minderjährigen – von den gesetzlichen Vertretern ist obligatorisch.

    Ab wann treten die Neuerungen in Kraft?

    Die Neuerungen, die unter anderem das Nachweisgesetz betreffen, gelten ab dem 01. August 2022. Bei Arbeitnehmern, die ab August mit der Arbeit beginnen, ihren Arbeitsvertrag jedoch schon vorher abgeschlossen haben, müssen die zusätzlichen Punkte der Nachweispflicht dennoch Teil des Vertrags sein. Alternativ ist es möglich, diese in einem zusätzlichen Dokument schriftlich festzuhalten und dieses dem Arbeitnehmer zum Arbeitsbeginn auszuhändigen.

    In welcher Form müssen Arbeitgeber die Nachweise erbringen?

    Auch nach dem neuen Nachweisgesetz müssen Arbeitgeber die Nachweise über die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich erbringen. Das erfordert somit das Festhalten auf Papier inklusive einer handschriftlichen Signatur. Die Textform ohne Unterschrift sowie die digitale Form inklusive einer elektronischen Signatur sind für die Erbringung der Nachweispflicht nicht ausreichend. Auch ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis kann bereits ein Bußgeld nach sich ziehen.

    Können die wesentlichen Vertragsbedingungen im Nachhinein geändert werden?

    Eine Änderung der Vertragsbedingungen, die unter die Nachweispflicht fallen, ist später noch möglich. Darüber muss der Arbeitnehmer jedoch spätestens am Tag des Inkrafttretens der Änderung schriftlich informiert werden. Der Nachweis in elektronischer Form ist dabei ebenfalls ausgeschlossen. Werden gesetzliche Regelungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen o.ä., die auf das Arbeitsverhältnis angewendet werden, geändert, greift das Nachweisgesetz jedoch nicht.

    Welche Aushändigungsfristen gelten nach dem neuen Nachweisgesetz?

    Bis dato hatten Arbeitgeber einen Monat lang Zeit, die Nachweispflichten zu erfüllen, wenn die Klauseln nicht ohnehin schon Teil des Arbeitsvertrags waren. Nun hat der Gesetzgeber die Aushändigungsfristen jedoch deutlich verkürzt.

    Bei Neueinstellungen muss ein Dokument mit den wesentlichen Informationen wie Name und Anschrift der beiden Parteien, Arbeitszeit und Arbeitsentgelt schon am ersten Arbeitstag ausgehändigt werden. Weitere Informationen, z.B. über den Beginn des Arbeitsverhältnisses, sind nach sieben Kalendertagen fällig. Alle sonstigen Vertragsbedingungen, beispielsweise über den Urlaubsanspruch oder die betriebliche Altersvorsorge dürfen weiterhin innerhalb eines Monats nachgereicht werden.

    Bei bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen gilt eine generelle Frist von sieben Tagen, allerdings nur nach Aufforderung durch den Arbeitnehmer. Fehler und Bußgelder vermeiden Arbeitgeber in jedem Fall, indem sie dem Arbeitnehmer alle Vertragsbedingungen bereits am ersten Arbeitstag vorlegen.

    Ist der Verweis auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen weiterhin rechtens?

    Auch nach Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes kann der Arbeitgeber den Nachweis bestimmter Vertragsbedingungen durch einen Verweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen erbringen. Möglich ist dies bei folgenden Angaben:

    • Dauer der Probezeit
    • Höhe des Arbeitsentgelts
    • Arbeitszeiten, Ruhepausen, Schichtarbeit
    • Überstundenregelungen
    • Urlaubsansprüche
    • Möglichkeiten zur Fortbildung
    • betriebliche Altersvorsorge
    • Kündigungsmodalitäten

    Was droht Arbeitgebern bei einem Verstoß gegen das Nachweisgesetz?

    Wer die Nachweise dem Arbeitgeber nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder nicht rechtzeitig aushändigt, handelt nach dem neuen Nachweisgesetz ordnungswidrig. Es droht ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro.

    Arbeitsrecht Anwalt München: Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen

    Die Umsetzung der EU-Richtlinie hat große Auswirkungen auf neue und bestehende Arbeitsverträge, die meist mit großem Aufwand erstellt wurden. Die Mitteilung der zusätzlichen elementaren Vertragsbedingungen muss gewissenhaft erfolgen – schließlich drohen je Verstoß Bußgelder bis 2.000 Euro.

    Als Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht in München sind wir auf die Auswirkungen der Gesetzesänderung vorbereitet. Wir beraten Sie bei auftretenden Fragen und stehen Ihnen bei der Anpassung von Arbeitsverträgen sowie beim Erstellen korrekter schriftlicher Mitteilungen mit Rat und Tat zur Seite.