In der aktuellen Corona Pandemie stellen sich viele Reinigungsbetriebe in Deutschland die Frage, wie es finanziell weitergehen soll. Oftmals sind die Gebäude der Auftraggeber geschlossen worden und die Aufträge ruhen. Mitarbeiter können nicht eingesetzt werden, planen aber selbst auch mit dem Lohn, weil Mieten gezahlt werden müssen.
In manchen Fällen ist es dabei durchaus denkbar, dass Arbeitgeber und Unternehmer weiterhin Anspruch auf Bezahlung ihrer monatlichen Entgelte haben. Eine kurze Übersicht hierzu soll der folgende Artikel geben.
I. Werkvertrag oder Dienstvertrag – Auslegungssache!
Für mögliche Anspruchsgrundlagen ist zunächst der vorliegende Vertrag genau zu prüfen.
Grundsätzlich handelt es sich bei Gebäudereinigungsverträgen in der Regel Dienstleistungs- (§§ 611 ff. BGB) oder Werkverträge (§§ 631 ff. BGB). Die Rechtsprechung tendiert bei Gebäudereinigungsverträgen zur Annahme eines Werkvertrags.
Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob die Parteien einen (tätigkeitsbezogenen) Dienstvertrag oder einen (erfolgsbezogenen) Werkvertrag geschlossen haben, ist die vertragliche Bestimmung des Leistungsgegenstandes durch die Vertragschließenden. Die Rechtsprechung hat viele Abgrenzungsmerkmale entwickelt um diese beiden Vertragstypen zu unterscheiden.
II. Ansprüche aus Vertrag?
In einigen der Verträge findet sich eine Klausel, welche dem Auftragnehmer eine Entgeltfortzahlung auch dann sichert, soweit die Arbeiten wegen Umständen, die der Auftraggeber zu vertreten hat, nicht ausgeführt werden können.
An dieser Stelle findet sich ein im Moment viel diskutiertes Problem: Ist die Unausführbarkeit der Reinigungsarbeiten vom Auftraggeber zu vertreten?
Die Lieblingsantwort der Juristen: Es kommt darauf an. Nämlich darauf, ob die Unausführbarkeit der Arbeiten primär darauf beruht, dass der Auftraggeber sein Gebäude freiwillig geschlossen hat – oder aber er von den Behörden hierzu „gezwungen“ wurde.
Und hier kommen die Vertragsarten ins Spiel:
1. Bei Werkverträgen kommt eine analoge Anwendung des § 645 Abs.1 S. 1 BGB in Betracht. Im hier anwendbaren Werkvertragsrecht kann die sog. „Sphärentheorie“ darüber Aufschluss bringen, ob der Auftraggeber die Unausführbarkeit des Werkes zu vertreten hat. Das ist dann der Fall, wenn der Besteller zwar keine den Untergang des Werkes herbeiführende Anweisung erteilt, aber doch durch andere Handlungen dasselbe bewirkt. In diesem Fall muss er die Vergütung weiter bezahlen. Es kommt also entscheidend darauf an, ob der Auftraggeber das Gebäude aus Vorsicht schließt, oder weil ein behördliches Verbot vorhanden ist.
2. Im Dienstvertragsrecht verdient § 615 S. 1 BGB eine genauere Betrachtung. Voraussetzung für einen Anspruch hieraus ist, dass der Auftraggeber mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. In diesem Fall bleibt der Vergütungsanspruch erhalten.
a) Für einen Annahmeverzug im Sinne des § 294 BGB ist es notwendig, dass die Leistung tatsächlich angeboten wird.
b) Nichtannahme im Sinne des § 293 BGB liegt vor, wenn der Auftraggeber die angebotene Leistung tatsächlich nicht annimmt.
c) Jedes den Erfüllungseintritt verhindernde Verhalten ist eine Nichtannahme. Ausreichend ist die reine Nichtannahme. Die Annahme ist im Dienstvertrag keine Pflicht, sondern eine Obliegenheit des Gläubigers. Auf ein Verschulden kommt es beim Gläubigerverzug anders als beim Schuldnerverzug nicht an. Der Auftraggeber kann auch mit einem Teil der Leistung in Annahmeverzug geraten, wenn er einen geringeren Leistungsumfang annimmt als ihn die Dienstberechtigten schulden.
Das bedeutet: Selbst wenn der Auftraggeber eine weniger umfangreiche Reinigung anbietet, kommt er dann mit der sonst üblichen monatlich durchgeführten Reinigung in Annahmeverzug.
3. In beiden vorgenannten Konstellationen kann der Begriff der „höheren Gewalt“ ins Spiel kommen. Dieser hat aktuell in Wirtschaft und Politik Hochkonjunktur, wenn es um das Corona Virus geht. Juristisch betrachtet liegt höhere Gewalt nur dann vor, wenn der Anspruchsberechtigte an der Geltendmachung des Anspruchs durch ein von außen kommendes, unverschuldetes und unabwendbares Ereignis gehindert wird, das er selbst bei äußerster Sorgfalt nicht vermeiden konnte.
In der aktuellen Diskussion ist durchaus umstritten, die Corona-Pandemie einen solchen Fall darstellt. Mithin wird vertreten, den Kommunen verbleibe nach wie vor ein Entscheidungsspielraum, ob sie Ihre öffentlichen Einrichtungen schließe, zumal es von den jeweiligen Landesregierungen hierzu oftmals keinen Erlass bzw. eine Rundverfügung gibt und ein Zwang von oben damit ausgeschlossen ist.
III. Fazit:
Am Ende ist es – wie so oft – eine Frage des Einzelfalls. Unter Umständen können für Unternehmen fortbestehende Entgeltzahlungen in Betracht kommen. Dies erfordert eine umfassende rechtliche Prüfung.
Nehmen Sie gerne mit mir Kontakt auf, wenn auch Ihr Betrieb von Corona betroffen ist und bleiben Sie gesund!
Ihr, Torsten Klose
Rechtsanwalt