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November 30, 2024

​Bonus nicht erreicht, aber die Bonusziele wurden einseitig festgelegt: Wann Arbeitgeber Schadensersatz zahlen müssen

Bonus nicht erreicht, aber die Bonusziele wurden einseitig festgelegt: Wann Arbeitgeber Schadensersatz zahlen müssen

Die Möglichkeit, durch variable Vergütungen wie Boni oder Tantiemen zusätzliche Leistungen zu honorieren, klingt für viele Arbeitnehmer attraktiv. Doch wenn die Rahmenbedingungen für diese Bonuszahlungen nicht klar geregelt sind, kann das schnell zum Streit führen – und für den Arbeitgeber teuer werden. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 3. Juli 2024 (Az.: 10 AZR 171/23) in einem spannenden Fall, der die Grenzen einseitiger Zielvorgaben sehr anschaulich verdeutlicht.

Das nachfolgende Problem tritt vielfältig auf: Häufig werden variable, erfolgs- und zielvorgabenabhängige Vergütungen als Bonus, Weihnachtsgeld, Jahressonderzahlung, Erfolgsvergütung, Erfolgsbeteiligung oder unter ähnlich prominenten Schlagwörtern vereinbart. Das System ist simpel: Sie sollen den Mitarbeiter motivieren, sich "besonders" ins Zeug zu legen und Wachstum sowie bessere Gewinne generieren. Das kann attraktiv sein, aber nur dann, wenn beide Seiten die rechtlichen Fallstricke kennen.

Der Fall: Streit um Zielvorgaben
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand ein Development Director, der für eine Schiffsholding tätig war. Sein Arbeitsvertrag sah eine erfolgsabhängige Vergütung ("Bonus", "Erfolgsvergütung", "Jahressonderzahlungvor, deren Höhe durch jährlich vereinbarte Zielvorgaben bestimmt werden sollte. Im Vertrag hieß es jedoch auch, dass der Arbeitgeber bei fehlender Einigung die Ziele „nach billigem Ermessen“ einseitig festlegen könne.

Nach Ablauf der Probezeit im Juni 2020 kam es zu Spannungen: Der Arbeitnehmer forderte Verhandlungen über die Zielvereinbarungen, doch die Holding legte Ziele einseitig fest, ohne die Vorschläge des Mitarbeiters zu berücksichtigen. Enttäuscht kündigte der Angestellte Ende 2020 und klagte auf Schadensersatz – schließlich war ihm eine Bonuszahlung in Höhe von rund 97.000 Euro entgangen.

BAG: Einseitige Zielvorgaben unzulässig
Das Bundesarbeitsgericht stellte klar: Eine Klausel, die dem Arbeitgeber die einseitige Festlegung von Bonuszielen erlaubt, verstößt gegen die Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB und ist damit unwirksam. Auch wenn die Regelung formal transparent sei, benachteilige sie den Arbeitnehmer unangemessen, da sie die vertraglich vorgesehene Verhandlungspflicht unterlaufe.

Die Richterinnen und Richter des Erfurter Gerichts betonten zudem, dass die Holding ihre vertragliche Pflicht verletzt habe, mit dem Arbeitnehmer eine Zielvereinbarung zu treffen. Der Arbeitgeber könne sich nicht darauf berufen, dass keine Einigung erzielt wurde, wenn er den Mitarbeiter nicht ernsthaft in die Verhandlungen einbindet. Einseitige Zielvorgaben seien in diesem Kontext rechtswidrig.

Folgen für Arbeitgeber: Schadensersatzpflicht
Das BAG gab dem Kläger recht und sprach ihm Schadensersatz zu. Der Arbeitgeber wurde verpflichtet, den entgangenen Bonus zu ersetzen. Dabei unterstrich das Gericht, dass ein Verschulden allein beim Unternehmen lag: Die Holding hatte den Mitarbeiter weder angemessen an den Verhandlungen beteiligt noch eine Möglichkeit zur Mitwirkung eingeräumt.

Was bedeutet das Urteil für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
1. Verpflichtung zur Verhandlung:
Arbeitgeber müssen Zielvereinbarungen aktiv mit ihren Mitarbeitern (tatsächlich auch) aushandeln. Eine einseitige Festlegung ist rechtlich nur in engen Grenzen zulässig.

2. Klauseln überprüfen:
Arbeitsverträge mit unklaren oder einseitig gestalteten Zielvorgaben können unwirksam sein. Arbeitgeber sollten bestehende Vertragsklauseln dringend prüfen lassen.

3. Schadensersatzgefahr:
Wenn ein Arbeitgeber seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt, können erhebliche Schadensersatzansprüche entstehen – wie im vorliegenden Fall in Höhe von 97.000 Euro.

Fazit: Als Arbeitgeber Verhandlungspflicht ernst nehmen, als Arbeitnehmer: Nicht hinhalten lassen!
Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis sorgfältig zu regeln. Arbeitgeber sollten keine Klauseln verwenden, die Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen – andernfalls drohen rechtliche Konsequenzen. Arbeitnehmer hingegen sollten darauf bestehen, ihre vertraglichen Rechte, insbesondere bei variablen Vergütungen, durchzusetzen.

Wenn Sie rechtliche Fragen zu Bonusvereinbarungen oder Zielvorgaben haben, beraten wir Sie gerne. Kontaktieren Sie uns – Ihre Experten für Arbeitsrecht!

Autor: Fachanwalt Torsten Klose

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