Sie haben voreilig und unter Druck einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet und bereuen diese Entscheidung nun? Unter gewissen Voraussetzungen haben Sie die Möglichkeit dies rückgängig zu machen.
Rufen Sie uns an und wir geben Ihnen als ihre Fachanwälte für Arbeitsrecht aus München eine erste Einschätzung, ob eine Anfechtung in Ihrem Fall in Betracht kommt.
Doch zunächst der Reihe nach.
Was ist ein Aufhebungsvertrag?
Mit einem Aufhebungsvertrag vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Regel einvernehmlich, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt endet. Oft werden durch einen solchen Vertrag noch weitere Ansprüche geregelt, wie etwa ein gutes qualifiziertes Arbeitszeugnis, eine Abfindung und dass ansonsten wechselseitig keinerlei weitere Ansprüche bestehen.
Durch einen Aufhebungsvertrag verzichtet der Arbeitnehmer auf den allgemeinen und – sofern vorhandenen – auch auf den besonderen Kündigungsschutz (z.B. Schwangerschaft, Schwerbehinderung).
Gründe für die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages
Seitens des Arbeitnehmers kann das Interesse an der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags zum Beispiel darin liegen, dass er eine für ihn interessantere Stelle gefunden und sich daher von seinem Arbeitgeber vor Ablauf der Kündigungsfrist lösen möchte, oder aber er muss einen nahen Angehörigen pflegen und kann diese Aufgabe nicht neben einem Anstellungsverhältnis bewerkstelligen.
Doch in den meisten Fällen ist es der Arbeitgeber, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Form eines Aufhebungsvertrags wünscht. Denn aus Sicht des Arbeitgebers ist ein Aufhebungsvertrag deutlich attraktiver als eine Kündigung, da der Arbeitgeber keinen wirksamen Kündigungsgrund darlegen und beweisen muss.
Salopp gesagt, nervt der Arbeitnehmer, kann der Arbeitgeber ihm einen Aufhebungsvertrag vorschlagen. Geht der Arbeitnehmer dann darauf ein und unterschreibt, so ist das Arbeitsverhältnis beendet, obwohl es eigentlich gar keinen Kündigungsgrund gibt. Aus Sicht des Arbeitgebers ist dies natürlich attraktiv.
Weitreichende Folgen durch Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages
Doch Vorsicht! Ein Arbeitnehmer sollte sich gut überlegen, ob er einen vom Arbeitgeber vorgelegten Aufhebungsvertrag tatsächlich unterschreiben möchte, da dies weitreichende finanzielle Folgen nach sich ziehen kann.
Gemäß § 159 Absatz 1 Nr. 1 SGB III können Sie eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld für die Dauer von 12 Wochen erhalten, da Sie aktiv an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit den Versicherungsfall selbst herbeigeführt haben.
Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages
Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 07.02.2019, Az.: 6 AZR 75/18, entschieden, dass ein Aufhebungsvertrag auch deshalb unwirksam sein kann, wenn er unter Verstoß gegen das sogenannte Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen ist
Dabei kann nach Ansicht des BAG bei Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags eine Seite gegen ihre Verpflichtungen aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, wenn sie eine Verhandlungssituation herbeiführt oder ausnutzt, die eine unfaire Behandlung des Vertragspartners darstellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht.
Denkbar ist auch die Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse. Die Nutzung eines Überraschungsmoments kann ebenfalls die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen (durch Überrumpelung).
Anfechtung eines Aufhebungsvertrages
Wenn Sie nach Unterzeichnung ein ungutes Bauchgefühl haben und Sie nicht wissen, ob das die richtige Entscheidung war, könnte eventuell auch eine Anfechtung in Betracht kommen.
Denn wie jede andere Willenserklärung können auch die zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags führenden Willenserklärungen der Vertragsparteien gemäß § 123 BGB angefochten werden. Besondere praktische Relevanz hat dabei die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung.
Nach § 123 Abs. 1 BGB kann, wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten.
Eine Drohung setzt dabei objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Drohenden abhängig hingestellt wird. Hat der Arbeitgeber das Einverständnis des Arbeitnehmers zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages durch das In-Aussichtstellen einer fristlosen Kündigung erzielt, so stellt das In-Aussichtstellen der außerordentlichen Kündigung ein zukünftiges empfindliches Übel dar, dessen Verwirklichung in der Macht des ankündigenden Arbeitgebers liegt (vgl. Urteil des BAG vom 23.11.2006, Az.: 6 AZR 394/06).
LAG Hamm, 23.11.2020 - 1 Sa 1878/19
Sie müssen sich in einer Zwangslage befinden, die Ihnen subjektiv den Eindruck verschafft, dass sie sich nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden können, von den Ihnen der Aufhebungsvertrag als das geringere Übel erscheint.
Widerrechtliche Drohung
Die Drohung mit einer fristlosen oder auch verhaltensbedingten Kündigung muss widerrechtlich sein. Dies ist der Fall, wenn ein verständiger Arbeitgeber in der konkreten Situation den Ausspruch einer Kündigung nicht ernsthaft erwogen hätte (vgl. Urteil des LAG Hamm vom 23.11.2020, Az.: 1 Sa 1878/19).
Es kommt im Rahmen der Überprüfung der Widerrechtlichkeit einer Drohung nicht maßgeblich darauf an, ob eine gegen eine solche Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage tatsächlich vor einem Arbeitsgericht Erfolg hätte.
Vielmehr ist zu prüfen, ob ein Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen musste, die angedrohte Kündigung werde - müsste sie ausgesprochen werden - einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten. Denn ein verständiger Arbeitgeber würde in einer solchen Situation eine Kündigung als ein inadäquates Mittel nicht in Erwägung ziehen. (vgl. Urteil des BAG vom 28.11.2007, Az.: 6 AZR 1108/06).
Dabei sind nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch die Ergebnisse weiterer Ermittlungen, die ein verständiger Arbeitgeber allerdings zuvor zur Aufklärung des Sachverhalts angestellt hätte, zu berücksichtigen.
Beispiel
Geht Ihr Arbeitgeber zum Beispiel davon aus, dass Sie eine Straftat begangen haben, weil ein anderer Mitarbeiter behauptet hat, dass Sie den Arbeitgeber beklaut haben und ist dies das einzige Indiz für den Arbeitgeber, so wäre eine hierauf gestützte Kündigung unwirksam, weil Ihr Arbeitgeber verpflichtet ist weitere Nachforschungen zu tätigen, in erster Linie muss er Sie zunächst zu dem Sachverhalt anhören.
Legt Ihr Arbeitgeber Ihnen dann einen vorgefertigten Aufhebungsvertrag zur Unterzeichnung vor und behauptet er dann, dass Sie ansonsten eine fristlose Kündigung erhalten, liegt eine widerrechtliche Drohung vor, womit Sie im Nachhinein Ihre Willenserklärung anfechten können.
Kausalität
Weitere Voraussetzung für eine wirksame Anfechtung ist, dass die Drohung für die angefochtene Willenserklärung des Bedrohten ursächlich gewesen ist. Das heißt, die Drohung mit einer (unwirksamen) fristlosen Kündigung muss für Sie der Grund gewesen sein, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen.
Sie müssen also unter dem Eindruck der Drohung gehandelt haben. Ihre Willenserklärung darf damit nicht aus eigner, selbständiger Überlegung abgeben worden sein.
Folge
Folge einer erfolgreichen Anfechtung ist, dass der Aufhebungsvertrag von Anfang an unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Es kommt in diesem Zusammenhang entscheidend auf das Gewicht des erhobenen Vorwurfs an, also auf die Frage, ob bei einem bestimmten Sachverhalt ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung oder eine Strafanzeige ernst-haft in Erwägung ziehen würde.
Fazit:
Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vorlegt und Ihnen im gleichen Atemzug mitteilt, dass, wenn Sie diesen nicht unterschreiben, ansonsten eine fristlose Kündigung ausgesprochen und/oder eine Strafanzeige gegen Sie erstattet wird, sollten Sie einen solchen Vertrag im Zweifel nicht unterschreiben. Sie sollten sich grundsätzlich immer eine Bedenkzeit einräumen lassen.
Haben Sie aufgrund ausgeübten Drucks und Ängsten den Vertrag dennoch unterschrieben, so kontaktieren Sie uns bitte unverzüglich. Wir, Ihre Fachanwälte für Arbeitsrecht aus München, prüfen dann gerne für Sie, ob Ihre Unterschrift angefochten und der Vertrag somit wieder aus der Welt geschafft werden kann.