Juli 14, 2021

Fahrlässige Trunkenheit auf dem E-Scooter

Ist es schon fahrlässige Trunkenheit auf dem E-Scooter?

Ein oder zwei Maß in fröhlicher Runde – da können die Beine schon mal schwer werden. Warum dann nicht einfach schnell und bequem auf dem E-Scooter nach Hause fahren? E-Scooter stehen in Städten mittlerweile an jeder Ecke. Es muss nur die passende App gestartet werden und die Fahrt ist freigegeben. Das klingt verlockend, kann aber zu Geldstrafen und sogar zu einem Fahrverbot und dem Entzug des Führerscheins führen. Denn E-Scooter sind Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes (StvG) und dürfen somit nur von Fahrern geführt werden, die keinen oder nur wenig Alkohol getrunken haben.

Fallbeispiel für fahrlässige Trunkenheit auf dem E-Scooter

Die Anzeigen wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss auf E-Scootern häufen sich, seitdem die elektrischen Tretroller in den meisten größeren Städten verfügbar sind. So wurde im Januar 2020 ein Mann nach einer Fahrt auf dem E-Scooter im Zusammenhang mit dem Oktoberfest wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr durch das Amtsgericht München zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 55 € verurteilt. Zusätzlich wurde dem Angeklagten für 7 Monate die Fahrerlaubnis entzogen und er erhielt zusätzlich ein 3-monatiges Fahrverbot auch für erlaubnisfreie Fahrzeuge (z.B. das Fahrrad). Dieses Urteil wurde durch das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigt (Beschluss v. 24.07.2020 – 205 StRR 216/20).


War es fahrlässige Trunkenheit?

Der Mann hatte einen E-Scooter angemietet, um von der Wiesn etwa 400 m zu seinem Hotel zu fahren. Nach etwa 300 m wurde er von der Polizei angehalten, die mithilfe einer Blutprobe einen Wert von 1,35 Promille feststellte. Zu seiner Verteidigung gab der Oktoberfestbesucher an, er hätte für das Fahren mit E-Scooter die gleichen Regeln wie für das Fahrradfahren angenommen. Außerdem wäre das Fahrverbot unangebracht, da es an seinem ländlichen Wohnort keine vergleichbaren Angebote zum Fahren von führerscheinfreien Kraftfahrzeugen gebe. Die Verteidigung gab weiter zu bedenken, dass im Verhältnis zu einer Fahrt mit dem Auto von einem E-Scooter ein deutlich geringeres Gefährdungspotential ausgehe und deshalb von den gesetzlichen Regelungen abgewichen werden könne.

e-Scooter Anwalt Verkehrsrecht München Symbolbild
Party und Trunkenheit Anwalt Verkehrsrecht München Symbolbild

E-Scooter sind keine Spielzeuge

Lange waren Roller einfach nur Spielzeuge für Kinder. Kein Wunder also, dass E-Scooter von vielen Menschen nicht als „vollwertige“ Fahrzeuge wahrgenommen werden. Zumal sie durch ihre nahezu uneingeschränkte Verfügbarkeit und die Tatsache, dass sie auch ohne Führerschein gefahren werden dürfen, eine gewisse spielerische Unverbindlichkeit suggerieren. Fakt ist aber, dass E-Scooter Fortbewegungsmittel zur Beförderung von Personen sind und somit eindeutig als Fahrzeuge im Sinne der StvG gelten.

E-Scooter sind Kraftfahrzeuge

Darüber hinaus werden E-Scooter aufgrund ihrer Motorisierung durch einen elektrischen Antrieb als Kraftfahrzeuge eingestuft. Nun könnte man anbringen, dass E-Scooter nicht besonders schnell sind und in der Handhabung viel eher Fahrrädern gleichen als Kraftfahrzeugen wie beispielsweise Motorrädern oder Autos. Mit ihrer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht weniger als 6 km/h und nicht mehr als 20 km/h werden sie aber den Elektrokleinstfahrzeugen zugeordnet und unterliegen somit der Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (eKFV).

Promillegrenzen für Fahrten mit dem E-Scooter

Laut Begründung des Amtsgericht München würden unterschiedliche Promille-Grenzwerte für verschiedene Kraftfahrzeuge in der Praxis zu Verwirrungen führen. Das bedeutet konkret, dass bereits das Fahren bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,5 Promille beziehungsweise 0,3 Promille bei Gefährdung des Verkehrs oder anderem auffälligen Verhalten eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Eine absolute Fahruntüchtigkeit wird für den Fahrer eines E-Scooters ab einem BAK-Wert von 1,1 Promille angenommen.

Es greift also nicht etwa die erhöhte Promillegrenze von 1,6 wie beim Fahrradfahren, sondern derselbe Grenzwert wie für alle anderen Führer von Kraftfahrzeugen. Personen unter 21 Jahren dürfen sogar überhaupt keinen Alkohol getrunken haben, bevor sie ein Kraftzeug führen. Für sie liegt die der Grenzwert für die Fahruntüchtigkeit bei 0,0 Promille. Der Einwand des Oktoberfestbesuchers aus dem Praxisbeispiel, er sei für die Fahrt mit dem E-Scooter von den gleichen Grenzwerten wie für das Fahrradfahren ausgegangen, konnte deshalb nicht berücksichtigt werden.

Fahren trotz absoluter Fahruntüchtigkeit ist eine Straftat

Wer betrunken ein Kraftfahrzeug führt, sei es ein Auto, ein E-Scooter oder ein anderes Kraftfahrzeug, riskiert sein eigenes Wohl genauso wie die Gesundheit oder sogar das Leben anderer Verkehrsteilnehmer. Das möchte der Gesetzgeber natürlich verhindern. Deshalb handelt es sich beim Fahren trotz absoluter Fahruntüchtigkeit nicht mehr nur um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um eine Straftat. Wird ein betrunkener Fahrer also erwischt und weist dann den entsprechenden BAK-Wert auf, kann nach dem Strafgesetzbuch eine Trunkenheitsfahrt angenommen werden, welche zu harten Strafen führt. In jedem Fall droht der Entzug der Fahrerlaubnis sowie die Abgabe des Führerscheins.

Trunkenheitsfahrt kann zu Fahrverbot führen

Eine Trunkenheitsfahrt kann darüber hinaus zusätzlich mit einem Fahrverbot geahndet werden. So entschied auch das Amtsgericht München im Fall des Oktoberfestbesuchers. Seine Revision hatte vorgetragen, dass ein Fahrverbot unangebracht sei, weil am Wohnort des Angeklagten keine E-Scooter zur Miete verfügbar seien. Ein Fahrverbot bezieht sich aber auf sämtliche fahrerlaubnispflichtige und -freie Fahrzeuge im Sinne der StvG, also beispielsweise auch auf Fahrräder, und ist auch nicht ortsgebunden. Damit wird sichergestellt, dass Fahrer nach einer Verurteilung für einen festgesetzten Zeitraum in keiner Weise den Verkehr gefährden können.

Abweichung von der Regelvermutung

Eine Fahrt trotz absoluter Fahruntüchtigkeit führt in der Regel mindestens zum Entzug der Fahrerlaubnis. Ausnahmen von dieser Regel gibt es kaum. Um den Verlust des Führerscheins abwenden zu können, müsste die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB widerlegt werden. Dort wird aufgeführt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um eine Ungeeignetheit zur Teilnahme am Verkehr anzunehmen. Der Einwand des Angeklagten aus dem Praxisbeispiel, ein E-Scooter weise ein geringeres Gefahrenpotenzial als andere Kraftfahrzeuge auf, führte nicht zur Abweichung von der Regelvermutung. Die nachgewiesene Trunkenheit reichte bereits aus, um die mangelnde Eignung des Angeklagten zum Führen eines Kraftfahrzeugs festzustellen.

Fazit von Ihrem Anwalt für Verkehrsrecht zur fahrlässigen Trunkenheit auf dem E-Scooter

E-Scooter sind bequem, in großen Städten ständig verfügbar und machen Spaß. Nach dem Genuss von Alkohol sollte auf Fahrten mit den motorisierten Rollern aber unbedingt verzichtet werden. Denn sie sind aufgrund ihres elektrischen Antriebs Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes (StvG). Eine absolute Fahruntüchtigkeit gilt deshalb auch bei E-Scootern bereits ab einem BAK-Wert von 1,1 Promille. Für Personen unter 21 Jahren gilt sogar die 0,0-Promille-Regel. Eine Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter führt in aller Regel zum Entzug der Fahrerlaubnis, kann aber auch mit Geldstrafen und Fahrverboten für alle fahrerlaubnispflichtigen und -freien Fahrzeuge geahndet werden.

Der Anwalt für Verkehrsrecht unterstützt Sie

Wird auch Ihnen vorgeworfen, unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug geführt zu haben? Zögern Sie nicht, uns, Ihre Anwälte für Verkehrs- und Verkehrsstrafrecht, zu kontaktieren. Auch nach nachgewiesener Blutalkoholkonzentration ist das Verfahren noch nicht verloren. Denn insbesondere die polizeiliche Blutentnahme unterliegt strengen Verfahrensvorschriften und kann bei Verstoß gegen diese unzulässig sein.

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