März 23, 2023

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 2023

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Jahr 2023 – Ende des „gelben Scheins“?

Niemand ist gerne krank. In der Regel sieht es auch ein Arbeitgeber nicht gerne, wenn einer seiner Arbeitnehmer krank ist. Selbstredend ist die Krankheit eines Arbeitnehmers im Verlauf der Durchführung eines Arbeitsverhältnisses, als Unterform eines Dauerschuldverhältnisses, nicht ungewöhnlich und so ziemlich jedes länger bestehende Arbeitsverhältnis wird davon einmal betroffen sein.

Lohn ohne Arbeit

Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG), ist der Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zur Dauer von sechs Wochen zur Lohnfortzahlung verpflichtet.

Es muss eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bestehen, durch die der Arbeitnehmer an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Genau genommen ist daher nicht die Krankheit an sich, sondern die Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, der Anknüpfungspunkt für die Entgeltfortzahlung. Die Krankheit ist ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand. Hat der Arbeitnehmer einen Büroarbeitsplatz, gegebenenfalls im Home-Office, so führt ein als Krankheit anzusehender Beinbruch, nicht zur Arbeitsunfähigkeit. Typischerweise führen aber grippale oder virale Infekte regelmäßig auch zur Arbeitsunfähigkeit.

Morgens krank – Wie gehe ich als Arbeitnehmer vor?

Auch hier hilft das Entgeltfortzahlungsgesetz weiter. Gerade bei einem Infekt kann es geschehen, dass am Vorabend noch keine Symptome bestehen und der nächste Morgen mit schrecklichen Kopf- und Halsschmerzen beginnt.

In einem solchen Fall regelt § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, mitzuteilen. Dies geschieht in aller Regel telefonisch. Unterbleibt eine solche Mitteilung, so liegt ein unentschuldigtes Fehlen vor!

Im Anschluss hieran wird regelmäßig die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung relevant. Diese kann nur vom behandelnden Arzt ausgestellt werden und dient dem Arbeitgeber als Nachweis, dass tatsächlich infolge von Krankheit eine Arbeitsunfähigkeit gegeben ist.

Anhaltspunkt für die Regelung, wann eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber vorzuliegen hat, bietet der § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG. Demnach hat der Arbeitnehmer bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Tage dauert, am nächsten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.

Die Arbeitsvertragsparteien dürfen hiervon jedoch abweichen, wie § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG zeigt. Das bedeutet, dass dies entweder gleich im Arbeitsvertrag geregelt werden oder der Arbeitgeber auch ohne entsprechende Regelung, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anfordern kann.

Sollte dem Verlangen des Arbeitgebers nicht rechtzeitig nachgekommen werden, so ist der Arbeitgeber gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG berechtigt, die Lohnfortzahlung zu verweigern. Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers. Das bedeutet nicht, dass der Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers dadurch erlischt. Der Arbeitgeber kann die Zahlung nur vorübergehend verweigern. Wird die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachträglich zur Verfügung gestellt, so ist der Arbeitgeber auch zur Zahlung des Lohns verpflichtet.

Ende des „Gelben Scheins“?

Mit Wirkung zum 01.01.2023 ist eine Regelung in Kraft getreten, die, zumindest für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer, das Ende des sogenannten „gelben Scheins“ einläuten dürfte.

Durch die Einfügung des neuen § 5 Abs. 1a EFZG, wird die Regelung des § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG, die eigentlich die Vorlagepflicht hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung regelt, nur noch für die Beantwortung der Frage bedeutsam, wann die Arbeitsunfähigkeit spätestens von einem Arzt festgestellt werden muss.

Denn § 5 Abs. 1a EFZG regelt nunmehr, dass § 5 Abs. 1 S. 2 bis 5 EFZG, umfasst hiervon ist die Vorlagepflicht hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung („Gelber Schein“), nicht mehr gelten soll für Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Diese müssen lediglich nach Ablauf der gesetzlich oder arbeitsvertraglich festgelegten Zeiträume, das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung aushändigen zu lassen. Die Vorlagepflicht gegenüber dem Arbeitgeber entfällt hiermit.

Grund hierfür ist die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Denn die Krankenkasse stellt die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Arbeitgebern zur Verfügung. Dieser kann diese dann einfach abrufen. Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr beim Arbeitgeber vorlegen. Er sollte sich diese jedoch vom behandelnden Arzt aushändigen lassen, für den Fall, dass es bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu Übermittlungsfehlern kommen sollte.

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird vom behandelnden beziehungsweise ausstellenden Arzt an die Krankenkasse weitergeleitet. Diese Pflicht trifft somit ebenfalls nicht mehr den Arbeitnehmer.

Für wen gilt dies nicht?

Ausdrücklich genannt werden in § 5 Abs. 1a S. 1 EFZG nur die Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Für diese gelten die Ausführungen zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Das bedeutet, dass vor allem privat krankenversicherte Arbeitnehmer hiervon ausgenommen sind. Doch auf geringfügig Beschäftigte in privaten Haushalten sind von der gesetzlichen Regelung ausgenommen. Für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer, deren Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt festgestellt wurde, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, gilt das elektronische Verfahren ebenfalls nicht.

Beweis durch die (elektronische) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

In aller Regel genügt eine (elektronische) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den vom Arbeitnehmer zu erbringenden Nachweis, dass dieser infolge Krankheit arbeitsunfähig ist.

Sollte der Arbeitgeber trotz Vorliegens der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung davon überzeugt sein, dass eine Arbeitsunfähigkeit auf Seiten des Arbeitnehmers nicht vorgelegen habe, so muss er ausführlich darlegen und beweisen, dass begründete und ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestehen.

Solche Zweifel können sich beispielsweise dadurch ergeben, dass der Arbeitnehmer nach der Erteilung einer Kündigung durch den Arbeitgeber aber auch durch sich selbst, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Verfügung stellt, die den gesamten Zeitraum bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses umfasst.

Wurde der Beweiswert durch den Vortrag des Arbeitgebers erschüttert, so obliegt es wiederum dem Arbeitnehmer substantiiert vorzutragen, warum und dass eben doch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vorgelegen habe.

Dies gelingt beispielsweise dadurch, dass der behandelnde Arzt als Zeuge benannt und angeboten wird. Hierbei muss jedoch darauf geachtet werden, dass dieser ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden wird. Anderenfalls macht dieser sich nach § 203 des Strafgesetzbuches strafbar.

Fazit zum Thema – Ende des „gelben Scheins“?

Besteht bei einem Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, so hat dieser seinen Arbeitgeber darüber unverzüglich zu informieren und rechtzeitig einen Arzt aufzusuchen, der die Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern entfällt nun aber die Pflicht, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform beim Arbeitgeber vorzulegen. Der Arzt stellt diese nun auf elektronischem Wege der Krankenkasse zur Verfügung, die den Abruf durch den Arbeitgeber ermöglicht. Sollte der Arbeitgeber dennoch von der Arbeitsunfähigkeit nicht überzeugt sein, so obliegt es ihm, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern.

Bei weiteren Fragen zur Krankheit im laufenden Arbeitsverhältnis, zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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