März 28, 2022

Schmerzensgeldanspruch nach einem Verkehrsunfall

Auch Personenschäden können in Folge der auch vom Gesetzgeber erkannten Realisierung der Betriebsgefahr eines PKW eintreten.
Es ist schnell passiert – ein Auffahrunfall, eine Unachtsamkeit beim Abbiege- oder auch beim Überholvorgang. Die Folge sind zumeist Blechschäden, die es zu ersetzen gilt. Doch nicht immer bleibt es bei Materialschäden. 


Anders als bei den Sachschäden, ist es von der Ausgestaltung des Schadensrechts her nicht selbst-verständlich, dass diese automatisch erstattungsfähig sind. Es geht hierbei um die Geltendmachung von Schmerzensgeld, also die Kompensation einer körperlichen Beeinträchtigung in Form von Geld. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt dem Schmerzensgeld eine Doppelfunktion zu. Es soll ein Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erfolgen und zudem soll dem verletzten Anspruchsteller Genugtuung verschafft werden, da vom Grundsatz her nur Vermögensschäden erstattungsfähig sind.

Woraus ergibt sich überhaupt ein Anspruch bei Verkehrsunfällen?

Dies ist eine Frage des haftungsgebründenden Tatbestandes. Erst beim Vorliegen der Vo-raussetzungen einer entsprechenden Anspruchsgrundlage, kommt die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen überhaupt erst in Betracht.

Wie so häufig im Delikts- und so auch im Verkehrsrecht, ergibt sich ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 BGB, wenn der Anspruchsgegner durch eigenes Verschulden das Leben, den Körper oder die Gesundheit eines anderen widerrechtlich schädigt. Nachteil bei dieser Anspruchsgrundlage ist, dass derjenige, der sich auf den Anspruch beruft, das Verschulden des Anspruchsgegners beweisen muss, was sich in der Praxis als äußerst schwierig darstellt.


Von Vorteil sind daher die Anspruchsgrundlagen aus dem Straßenverkehrsgesetz (StVG). Ansprüche ergeben sich hierbei sowohl gegen den Halter, als auch gegen den Führer eines Fahrzeugs und zwar aus §§ 7, sowie 18 StVG. Während es bei der Haftung des Fahrzeugführers abermals auf ein Verschulden des Anspruchsgegners ankommt, ist die Haftung des Fahrzeughalters verschuldensunabhängig. 

Der Gesetzgeber hat mit § 7 StVG eine verschuldensunabhängige Haftung des Halters eines PKW, aufgrund der von in Betrieb genommenen Kraftfahrzeugen stets gegebenen Betriebsgefahr, geschaffen. Wer ein Fahrzeug hält, muss grundsätzlich auch verschuldensunabhängig für die Realisierung einer solchen Betriebsgefahr, in Form von Verletzungen des Körpers oder der Gesundheit eines anderen Menschen, aber auch von Sachbeschädigungen, einstehen und somit haften.

Daher ist auch jeder Halter verpflichtet, eine Kfz-Haftpflichtversicherung abzuschließen. Über § 18 StVG haftet zudem auch der Fahrzeugführer, also der, der bei dem Unfall tatsächlich am Steuer saß. Zwar wird im Rahmen dieser Haftung auch ein Verschulden des Unfallgegners wie bei § 823 BGB vorausgesetzt, jedoch gilt eine Beweislastumkehr. Das bedeutet, das Verschulden des Unfallgegners wird bereits gesetzlich vermutet, muss vom Anspruchsteller also nicht mehr bewie-sen werden. Die Verschuldensvermutung muss der Anspruchsgegner selber durch Beweis entkräften.

Der Anspruch besteht, aber worauf?

Ist in einem ersten Schritt geklärt, dass ein deliktsrechtlicher Anspruch besteht, geht es im zweiten Schritt um den haftungsausfüllenden Tatbestand, also um die Klärung der Frage, was als Rechtsfolge nun genau und in welchem Umfang vom Unfallgegner verlangt werden kann.


Alle drei Anspruchsgrundlagen ordnen als Rechtsfolge den Ersatz des durch die eingetretene Rechtsgutsverletzung entstandenen Schadens an. 

Bei der Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen handelt es sich nicht um materielle, sondern um immaterielle Schäden, unter anderem in Gestalt von Beeinträchtigungen des Körpers oder der Gesundheit. Nachdem festgestellt ist, dass ein solcher Schaden überhaupt besteht, ist im Anschluss zu bestimmen, wie genau der Schadensausgleich vorgenommen wird.

Der Grundsatz des in den §§ 249 ff. BGB geregelten Schadensrechts, ist auf Naturalrestitu-tion gerichtet. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der Anspruchsgegner den Zustand herzustellen, der ohne das verschuldete Verhalten nicht eingetreten wäre. Was sich im Falle von materiellen Schäden relativ problemlos durch Neubeschaffung der zerstörten/beschädigten Sache oder durch Reparatur oder Geldzahlung bewerkstelligen lässt, ist bei körperlichen Beeinträchtigungen in den alle meisten Fällen nicht möglich. Zudem ergibt sich aus den §§ 249 ff. BGB, dass grundsätzlich nur Vermögensschäden erstattungsfähig sind.

Da es jedoch unbillig wäre, die - anpruchstellerseits eventuell sogar unverschuldet zustande gekommenen – erlittenen immateriellen Schäden, wozu auch Schmerzen und Beeinträchti-gungen des Körpers und der Gesundheit zählen, nicht zu kompensieren, sieht § 253 Abs. 1 BGB genau diese Möglichkeit vor. Demnach können diese immateriellen Schäden ausnahmsweise erstattet werden, wenn das Gesetz dies in bestimmten Fällen anordnet. Hier kommt der Ausnahmecharakter des Schmerzensgeldanspruchs zum Ausdruck. 


§ 253 Abs. 2 BGB ist ein solcher durch Gesetz bestimmter Fall und erlaubt eine billige Entschädigung in Geld auch für Nichtvermögensschäden, im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit.

Besonderheiten im Straßenverkehrsrecht

Eine speziellere Norm, die die Erstattung immaterieller Schäden und damit auch von Schmerzensgeld im Rahmen von Straßenverkehrsunfällen gestattet, ist der § 11 Satz 2 StVG. Es handelt sich hierbei um eine speziellere gesetzliche Anordung, im Sinne des § 253 Abs. 1.


Die genaue Schadensermittlung, also die Bezifferung des Schmerzensgeldanspruchs, erfolgt durch das Gericht, wobei sogenannte Schmerzensgeldtabellen zur Verfügung stehen, um ein krasses Auseinanderfallen von Beträgen, bei vergleichbaren Verletzungen zu vermeiden. Wichtig ist vor allem, dass die geltend gemachten Verletzungen auch möglichst zeitnah nach dem Unfall ärztlich dokumentiert werden. Online zugänglich für eine erste grobe Orientierung, ist beispielsweise die Celler Schmerzensgeldsammlung

Diese Tabellen sind für die Gerichte jedoch keineswegs bindend. Einzelfallabhängig sind stets auch in der Person des Schädigers beziehungsweise des Verletzten liegende Umstände, sowie deren Beziehung untereinander und in wenigen Fällen auch die Vermögensverhältnisse. Zu beachten ist, dass stets eine „billige“ Entschädigung gefordert werden kann. Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass hierbei im Falle der Geltendmachung des Schmerzensgeldanspruchs, als Einzelposten eines Gesamtanspruchs, eine Quotelung aufgrund etwaigen Mitverschuldens insoweit nicht stattfindet, da die Berücksichtigung der Mithaftung des Verletzten, bereits bei der Festsetzung der Höhe des Schmerzensgeldanspruchs berücksichtigt ist.

Für den Fall der Tötung oder der Verletzung von Menschen, bestimmt das Straßenverkehrsgesetz in § 12 Höchstbeträge, wobei es sich um Millionenbeträge handelt. Höchstbeträge sind auch für die Sachbeschädigung vorgesehen. 


Konkrete Summen sind vorab schwer zu bestimmen

Die Schmerzensgeldtabellen orientieren sich meist an vorangegangener Rechtsprechung. So finden sich in der Celler Schmerzensgeldsammlung Beträge im niedrigen vierstelligen, bis zum hohen fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich. Wichtig ist hierbei immer der Grad des Mitverschuldens und die Schwere der Verletzung. Auch Art und Umfang der ärztlichen Be-handlung werden in der Celler Schmerzensgeldsammlung berücksichtigt. Unter „besondere Zumessungserwägungen“ werden unter anderem auch noch die Einsichtigkeit des Schädigers, sowie Dauerfolgen herangezogen.

Fazit zum Schmerzensgeldanspruch 

Das Schadensrecht des BGB sieht im Grundsatz die Naturalrestitution, also die Wiederherstellung des Zustands vor, der ohne das schädigende Verhalten bestanden hätte. 


Da dies bei im Verkehrsrecht häufig vorkommenden immateriellen Schäden nicht möglich ist, gewährt der Gesetzgeber auch die Erstattung einer billigen Entschädigung insoweit. Die genaue Bezifferung des Betrages bleibt dem Gericht überlassen, welches sich an Schmerzensgeldtabellen orientiert, die keineswegs bindend sind. Darüber hinaus sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Sinn und Zweck des Schmerzensgeldanspruchs sind die Ausgleichs- und Genugtuungsfunkion zugunsten des Verletzten, der sich aufgrund der normalerweise nur vorgesehenen Erstattung von Vermögensnachteilen, auf keinen weitergehenden Anspruch berufen könnte.

Bei weiteren Fragen zu Schmerzensgeldansprüchen aufgrund eines Verkehrsunfalls, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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